(von Ulrich)
Am nächsten Tag, dem 9.7., machten wir uns auf zum Mizen Head. Das ist die Spitze der südlichsten der südwestirischen Halbinseln (lt. ADAC-Karte scheint sie keinen Namen zu haben, diese Halbinsel; ich glaub’s ja nicht) mit einem Leuchtturm – okay, das englische Wort „lighthouse“ trifft’s eigentlich eher, denn es handelt sich um keinen Turm, sondern ein Haus auf einem hohen Kap. Von diesem Kap wird behauptet, es sei der südwestlichste Punkt Irlands. Bei der Feststellung dieses Sachverhaltes dürfte wohl der Wunsch eine wesentliche Rolle gespielt haben, mit irgendeinem Superlativ gegen die vielen maximalen „Westlichkeiten“ auf der Halbinsel Dingle und sonstwo anstinken zu können; ich habe versucht, auf der Karte mittels einer geraden Linie im Winkel von 45° zu den Breitengraden, die ich immer weiter nach links unten verschob, den letzten Punkt Irlands, der links unterhalb dieser Linie lag, zu finden. Es war leider nicht Mizen Head, sondern Dorsey Head auf der Halbinsel Beara. Naja, vielleicht ist auch die Karte einfach zu ungenau. Aber was soll diese ganze Superlativ-Hatz – der nächste Küstenort rühmt sich dann vielleicht, der süd-südwestlichste resp. west-südwestlichste zu sein, wo soll das hinführen? Zumal es ja nicht so ist, daß Mizen Head nicht auch ohne solche Mätzchen dem Besucher durchaus etwas zu bieten hat.
Genug der Vorreden, los ging’s. Das Wetter war stark bewölkt, sah aber nicht wirklich unfreundlich aus. Erster Stop war in Schull, einem kleinen, quirligen Städtchen, dessen ziemlich enge Hauptstraße kaum passierbar war, weil jung und alt das Parkverbot auf beiden Straßenseiten galant ignorierten. Auch wir handelten nach diesem Brauch, weil wir im Vorbeifahren auf einem Schaufenster das magische Wort „Internet“ gelesen hatten, ließen das Auto in der illegalen Gesellschaft der anderen Parkenden zurück und begaben uns in den verheißungsvollen Laden. Es war so eine Art Touristenbureau, bestehend aus einer Theke, hinter der eine nette junge Frau kaum zu sehen war, drei Laptops (benannt nach dreien der Schüler-Häuser bei Harry Potter) auf einem Tisch und einer Ansammlung von Spielautomaten, an denen der Zahlungswillige z.B. seiner Neigung frönen konnte, Simulationen von Fahrten mit Kraftfahrzeugen, bei denen es auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, durchzuführen. Wir bekamen den Laptop „Ravenclaw“ zugewiesen und begannen umgehend, die Welt mit unseren Geschichten und Bildern zu beglücken. Während wir damit beschäftigt waren, konnten wir einen Jugendlichen beobachten, der an einem jener Automaten sehr liebevoll seine kleine Schwester (ca. 4 Jahre alt) in die Geheimnisse des Hochgeschwindigkeits-Autofahrens einführte, wobei er auch heldenhaft in Kauf nahm, daß die Punkte nur spärlich hochzählten, das eingeworfene Geld schnell verspielt war und der Apparat das heldenhafte Duo auch noch mit Hohn und Spott überschüttete.
Die Bürovorsteherin kassierte von uns nur einen Euro, obwohl wir mehr als eine halbe Stunde online waren (eigentlich kostet es einen Euro pro angefangene Viertelstunde), und wir fuhren, nicht ohne noch schnell einen Espresso in der Nachbarschaft einzuwerfen, unserer Wege. Diese waren – wer hätte das gedacht – vorwiegend schmal, und der Schreiber dieser Zeilen fragte sich immer wieder, wie er diese Tour schon zweimal mit dem VW-Bus hatte fahren können, ohne einen Nervenzusammenbruch zu bekommen.
Die Landschaft ist übrigens – Überraschung! 😉 – sehr schön; schöne Buchten, teilweise mit Sandstränden, wechseln sich ab mit schroffen Felszacken, es ist herrlich anzusehen. Wer bei der ganzen Dramatik nicht mitspielte, war der Atlantik; der lag da wie ein Ententeich, und die Brandung, von der der Reiseführer schrieb, plätscherte sachte gegen die zerklüfteten Felsen. Während wir auf einem kleinen Parkplatz haltgemacht hatten, um eine alte keltische Grabstätte zu besuchen und außerdem dem Atlantik ein wenig beim Plätschern zuzusehen, tauchte auf einmal ein italienischer Wohnmobil-Konvoi auf, 2 große Fahrzeuge und ein VW-Bus, man stellte sich maximal raumgreifend auf diesen Parkplatz, und unzählige Leute in allen Größen ergossen sich über die Szene. Es war sehr mühsam, später mit unserem kleinen Auto zwischen diesen Dickschiffen wieder rauszukommen, und ich beschloß, bis auf weiteres diese Leute nicht zu mögen. Wohnmobil-Konvoi auf diesen Straßen, für den Entgegenkommenden ein Alptraum (bei einem WoMo findet sich immer noch irgendwie eine Ausweichstelle, wenn alle mit ihren Autos umgehen können, aber bei 2 oder 3…); wenn dieser Entgegenkommende dann noch seinerseits ein Wohnmobil ist, ist der Infarkt perfekt.
Bald danach trafen wir am Besucherzentrum Mizen Head ein. Es hat sich da in den letzten Jahren viel getan; neue Wege wurden angelegt, neue Aussichtspunkte erschlossen; die Bogenbrücke, die auf die vorgelagerte Halbinsel mit dem Leuchtturm führt, ist komplett erneuert. Ich hatte sie vom letzten Mal (vor 5 Jahren) recht moribund in Erinnerung, und der Sachverständigen-Bericht, von dem Teile auf Schautafeln im Besucherzentrum gezeigt werden, gab meiner Erinnerung recht. Verwirrt von den ganzen Neuerungen, erwischte ich zunächst einen neuen Weg, der uns nicht zur Brücke und zum Leuchtturm führte, sondern einfach die Felsen hinab, zu einer Stelle, an der man einen spektakulären Felsdurchbruch an einer benachbarten Landzunge sehen konnte. Der versehentliche Umweg hat sich gelohnt!
Die Ausstellung in den alten zum Leucht“turm“ gehörigen Gebäuden ist neu aufgestellt, nicht unbedingt besser und auch nicht viel weniger chaotisch als vorher, aber auch nicht schlimmer. In einem Raum läuft permanent ein Film über den Bau eines Leuchtturms um 1900 (weiß nicht, ob Mizen Head oder der weit draußen kaum sichtbar liegende Fastnet-Leuchtturm), was zweifellos eine großartige Leistung war; aber die das Ganze untermalende heroische Musik verfolgt einen durch alle Räume und geht einem recht schnell gehörig auf den Wecker. Ausgestellt werden Listen von Schiffen, die in der Gegend irgendwann untergegangen sind, Wohnraum-Ausstattungen der damaligen diensthabenden Leuchtturmwärter, technische Geräte des Leuchtturms, Beispiele für Aufzeichnungen der Besatzung usw., ferner ein bißchen was über irgendwelches Meeresgetier, interessant, aber nicht so recht zum Rest passend.
Direkt an der Landspitze, wo die Lampen stehen, war es mörderisch windig. Eine schmale Treppe führt dorthin, und immer, wenn man hin will, steht da eine lustige Familie oder Reisegruppe unten und weicht nicht, ehe jeder jeden anderen einmal allein und einmal mit allen anderen sowie in allen sonstigen Kombinationen und Permutationen photographiert hat, während man selber schlotternd im frischen Wind steht und wartet, endlich entweder selber auf die Plattform zu können oder wenigstens ein nicht durch Fremde gestörtes Bild zu machen (Ehrensache, daß die lustige Gruppe unten überhaupt nicht merkt, daß an der Treppe jemand wartet, sondern nach endlich getaner Photographiererei den Aufstieg lachend und scherzend noch maximal hinauszögert, als wäre sie allein auf weiter Flur). Das ist mir vor 5 Jahren genauso ergangen wie vor 8 Jahren, es ist eine Art Naturgesetz.
Endlich hatten auch wir unsere Photos von uns und den Lampen im Kasten und die Aussicht war hinreichend genossen, so machten wir uns auf den Rückweg, vertilgten im Besucherzentrum ein paar Sandwiches und waren wieder draußen.
Eigentlich wollten wir jetzt zu einem nicht weit entfernten Turm fahren, einer Ruine von irgendwas Beeindruckendem, aber der Weg dorthin führte an einem wunderschönen Sandstrand vorbei, den wir nicht einfach am Wegrand liegenlassen konnten, also stellten wir das Auto ab und begaben uns dorthin. Zuerst bot sich uns eine etwas seltsame Situation dar: Hinter einigen Dünen spielte sich eine Art von Strandleben ab, aber ohne daß irgendwas vom Meer zu sehen war; lediglich eine Flußmündung oder ein Priel (möglicherweise eine Mischung aus beidem) lief da durch; aber als wir weitere Dünen überquerten, lag dann das Meer vor uns. Heldenhaft sind wir mal barfüßig reingegangen – es war schandbar kalt, geradezu lebensfeindlich. Wir zogen uns dann ein Stück auf den Strand zurück, beobachteten Leute beim Baden und machten uns wieder mal Gedanken über den offensichtlich anders aufgebauten Stoffwechsel und sonstige physiologischen Gegebenheiten der Iren, die in diesem Eiswasser badeten, als wäre das das Normalste der Welt.
Die Sonne schien, es war (außerhalb des Wassers) warm, alles war herrlich. Aber irgendwann kam dann doch die Zeit, abzulegen, denn wir hatten Breda in Skibbereen versprochen, um 19 Uhr zurück zu sein. Dann sollte es Essen geben, bei schönem Wetter Barbecue.
Es kamen noch andere Besucher aus Cork namens Liz und Phil. Liz ist eine Cousine von Ronnie und mithin „angeheiratet verwandt“ mit den Alpers‘, Phil ist ihr Freund (und demnächst Mann). Sehr nette Leute, mit denen man von Diät und Afghanistan über Sport und Management-Methoden bis zur irischen Geschichte über alles und jedes reden konnte (was auch dadurch vereinfacht wurde, daß sie ziemlich verständlich sprachen). Ein sehr erfreulicher (nebenbei bemerkt, recht weinhaltiger) Abend.
(von Eva)
Unsere Reiseroute:
Das B&B von Ronnie und Breda. Ronnie arbeitet zudem als Versicherungsmakler, rechts ist sein Büro.
Kaffeetrinken in Schull (man sprichts wirklich genauso aus wie Skull – ansonsten ein sehr netter Ort!)
Keltisches Steindings, furchtbar alt + ehrwürdig (Ulrich glaubt, es war ein Grab) – sehr müüüüüüstisch jedenfalls!
So hatte ich mir das Sommerurlaubswetter erträumt!
Und zur Abwechslung gabs wieder amal schöne Blümchen!
Der Fastnet-Rock mit dem Fastnet-Leuchtturm – eine Arbeitsstätte für moderne Eremiten! (bedauerlicherweise fuer ale Hobby-Eremiten inzwischen automatisiert)
Mizen Head, an der Spitze befindet sich der Leucht“turm“
Wenn Männer arbeiten, wird’s gefährlich!
Weitere Gefahren drohen von Klippen (springen die einen an? schubsen die einen runter??)…
…und Bullen (sollte das nicht „Beware of the Constabler“ heißen).
Ich todesmutig an den unbeschützten Klippen!
Ein Austernfischer (ich hätte ja Dohle dazu gesagt, aber Ulrich war sehr stolz auf sein ornithooooologisches Wissen – für diesen wahrheitsgemäßen Bericht wurde ich gerade durchgekitzelt, also ts…)
Die (neue) Mizen Head Bridge (laut Reiseführer 500 m lang und 400 m hoch über dem Abgrund schwebend – auch ohne die letzte Null fand ichs aber sehr beeindruckend!)
Offenbar muss es haufenweise Leute geben, die lieber neben der Brücke den Abgrund überqueren wollen, oder was soll sonst diese ganze Absperrerei?
Mein Drache über dem Abgrund! Die Shootings werden auch immer extremer…
Ich an der Leuchtturmglocke 🙂
Leuchtturmwärter beim Futtern (irisches Frühstück, versteht sich!)
Ich versuche, Amerika zu entdecken… (leider vergeblich)
Ulrich hats aber auch nicht gefunden (die neue Frisur is toll, nicht wahr?)
Es war dort ziemlich windig!
RICHTIG windig! (und das Bürsten am Abend war toll…)
Lustiges Schattenmuster
Mit Ulrich geht’s bergab…
Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den Kanaren und Irland (außer dem „westlichsten“ und der Zeitzone): Es gibt keine Schlangen, aber dafür Eidechsen 🙂
Dieses Pferdchen wollte hoch hinaus und hatte einige Probleme, wieder runterzukommen…
Die Druiden haben schon früh Versuche mit Gentechnik gemacht: Wieviele Beine hat die Kuh?
Am Strand 🙂
Mein Fuss in Eiswasser!
Sonnnige Sommergruesse von Ulrich und Eva!
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